Kirchenburgen im Kitzinger Gartenland

Im Gebiet zwischen Main und Steigerwald sind Kirchenburgen gehäuft zu finden. Die befestigten Kirchhöfe dienten der Bevölkerung der Dörfer als Rückzugsort bei Kriegen und Überfällen. Die Speichergebäude wurden als Vorratskammer für Getreide, Obst, Gemüse, Bier und Wein genutzt.

In fast allen größeren Dörfern haben sich Reste von befestigten Kirchhöfen erhalten oder lassen sich solche archivalisch nachweisen. Freilich gleicht keine Kirchenburg der anderen. Viele individuelle Momente bestimmten die Anlage, deren Aussehen und Entwicklung bis heute. Dennoch kann eine grobe Entwicklungslinie skizziert werden.

Die ersten und die meisten Kirchenburgen im Kitzinger Land entstanden wohl um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert. Kirche und Friedhof wurden mit einer massiven Ringmauer umgeben, an die man gleichzeitig einräumige Vorratshäuser, sogenannte „Gaden", anbaute.

Eine weitere intensive Bautätigkeit an den Kirchenburgen zeigt die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die schrecklichen Ängste und Erfahrungen vor und während des sogenannten 1. Markgräfler Krieges veranlassten zahlreiche bauliche Erneuerungen und Verbesserungen. Vor allem das 18. und das 19. Jahrhundert veränderten das Erscheinungsbild vieler Kirchhöfe maßgeblich. Umfassungsmauern wurden teilweise abgetragen. Die Gaden kürzte man nicht selten um ein oder sogar zwei Geschosse, um mehr Licht in das Kirchengebäude zu bringen.

Kennzeichen, Merkmale
Die Grundrisse der Kirchenburgen im Landkreis Kitzingen zeigen zwei grundsätzliche Strukturen: Kirchenburgen mit oder ohne Gaden. Befestigte Kirchhöfe mit Gaden zeichnen sich durch eine Ringmauer aus, die mit Türmen verstärkt sein kann und die Kirche mit dem Friedhof umschließt. Den Zugang zum Innenhof erlaubt allein ein Torhaus, das in fast allen Fällen nachgewiesen ist. Oftmals nahm das Torhaus in den oberen Geschossen die Schule mit Wohnung des Lehrers auf, der gleichzeitig als Torwächter fungierte und für die Sicherheit des Kirchhofs Verantwortung trug.

Gaden und Keller wurden als Lagerraum für Getreide, Wein und weitere Feldfrüchte genutzt. Gerade die tiefen Keller mit gleichbleibender Temperatur und hoher Luftfeuchtigkeit boten die besten Voraussetzungen für die Einlagerung von Wein, Obst, Kraut und weiteren Gartenfrüchten. Die Gaden dienten im Obergeschoss als Schüttboden für das ausgedroschene Getreide. Auch für diesen Zweck waren die Voraussetzungen ideal. Die Bedeutung der Erdgeschosse in den Gaden ist hingegen nicht so klar ersichtlich. In manchen Fällen stand hier eine Kelter und im Herbst floss der ausgepresste Süßmost durch einen Schlauch direkt in den darunterliegenden Keller. Die Strukturveränderungen in der Landwirtschaft und im Weinbau seit dem 2. Weltkrieg machten die Gaden und Keller überflüssig. Der Bauunterhalt beschränkte sich auf das Allernotwendigste und ein langsamer, aber sicherer Verfall setzte ein.

Die Nutzung der Kirchhöfe als Rückzugsort für die Bevölkerung in Zeiten der Gefahr ist bereits für das frühe 14. Jahrhundert in Unterfranken mehrfach belegt. In den langwierigen Kämpfen des 1. Markgräfler Krieges 1461-63 nahmen die Kirchhöfe nach den Berichten des Würzburger Geschichtsschreibers Fries eine durchaus strategische Rolle ein. Nicht wenige Kirchenburgen verdanken diesem Krieg ihre erste Erwähnung. Der Chronist von Kleinlangheim berichtet z. B., dass der Kirchhof von Bischof Johann geplündert wurde, der „viel Fahrniß, weins und getraids, so die bauern drein geflöhnet hatten" hinwegführte.

Im schrecklichen, dreißig Jahre währenden Religionskrieg zeigte sich die inzwischen eingetretene militärische Bedeutungslosigkeit der befestigten Kirchhöfe. Aufwendige bauliche Instandsetzungen und Erneuerungen, die der neuen Kriegstechnik mit Pulverwaffen und Söldnerheeren entsprochen hätten, waren undenkbar. Die alten Gemäuer konnten marodierende Haufen mit Kanonen und Gewehren nicht mehr abschrecken und so versuchte die Bevölkerung, ihr Hab und Gut durch Flucht in die Wälder oder in stark befestigte Städte zu retten.

Kirchenburgmuseum, Kirchenburgen-Tour
Über Geschichte und Baukultur der Kirchenburgen und bäuerliches Leben und Handwerk in den Dörfern informiert das Kirchenburgmuseum Mönchsondheim. Der Themen-Radweg „Kirchenburgen-Tour“ führt von Mönchsondheim aus nach Markt Herrnsheim, Hüttenheim, mit der größten erhaltenen Gadenburg Frankens, Seinsheim, Tiefenstockheim, Willanzheim, Kleinlangheim, Wiesenbronn und Markt Einersheim.

Aus gartenkultureller Sicht sind die Kirchenburgen als Umfassung der Kirchhöfe und als Speicherort der Produkte aus Feld und Garten interessant. Die Dörfer um die Kirchenburg sind häufig ländlich geprägt und noch heute von reich bebauten bäuerlichen Nutzgärten umgeben. Im Kirchenburgmuseum Mönchsondheim werden bäuerliche Kräuter und Nutzpflanzen gezeigt.

Kirchenburgen mit Gaden

  • Abtswind
  • Eichfeld
  • Fahr
  • Gerlachhausen
  • Hellmitzheim
  • Herrnsheim
  • Hüttenheim
  • Iffigheim
  • Kleinlangheim
  • Krautheim
  • Markt Einersheim
  • Marktsteft
  • Mönchsondheim
  • Nenzenheim
  • Obervolkach
  • Rödelsee
  • Seinsheim
  • Stadelschwarzach
  • Tiefenstockheim
  • Westheim
  • Wiesenbronn
  • Wiesentheid
  • Willanzheim

Kirchenburgen ohne Gaden

  • Dettelbach
  • Ebersbrunn
  • Füttersee
  • Mainstockheim
  • Albertshofen
  • Sulzfeld am Main
  • Segnitz
  • Marktbreit
  • Gnodstadt

Kirchenburgen nur in Resten erhalten

  • Prichsenstadt
  • Gräfenneuses
  • Geiselwind
  • Sickershausen
  • Mainbernheim
  • Iphofen
  • Obernbreit
  • Dornheim
  • Martinsheim
  • Gnötzheim