Blick durch den Bildschirm

Blick in Nachbars Garten

Gartenplan. ohne Maßstab

Gartenvielfalt auf mehreren Ebenen

In einen 100jähriger Garten zieht neues Leben ein

»Hortus muralis« in Kitzingen

Wiebke Degler und Pascal Bunk haben die Mitte gewählt. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Würzburg, er ist als Geologe bei der Firma Knauf in Iphofen für die Renaturierung der Abbauflächen verantwortlich. Seit 2014 leben sie in Kitzingen, seit 2016 in eigenem Haus mit dem Garten.

Gartenerfahrung haben beide, sie betreuten ein Urban Gardening Projekt, das Teil der Landesgartenschau 2018 in Würzburg war. Im eigenen Garten galt es, die Gegebenheiten kennenzulernen und einzuschätzen. Das Haus wurde 1928 erbaut, seither wurde es innen und noch mehr im Garten immer wieder verändert. Aus einer Streuobstwiese wurde Gemüsegarten zur Selbstversorgung, vor allem in Kriegs- und Nachkriegszeiten. Dann wurden Rasenflächen angelegt. Der vorletzte Besitzer baute Hütten, für eine Flipper-Sammlung, einen Whirlpool und eine Badewanne für die Gans, die als Haustier gehalten wurde. Thujahecken, Fichten und Kiefern füllten den Garten aus. Das Grundstück ist ein schmales, nach Norden geneigter Hanggrundstück. Der Vorgarten liegt erhöht über dem Straßenniveau, über drei terrassierte Ebenen erreicht man den höchsten Punkt.

Arbeiten in der richtigen Reihenfolge

Zuerst waren alle Nadelbäume gefällt worden. Sie hatten den Boden versauert, kein Kraut wuchs mehr. Die alten, bereits abgestorbenen Obstbäume bleiben stehen, sie sind als Totholz Lebensraum für Insekten und Höhlenbrüter. Die Hütten wurden abgerissen. Anstelle des größten Gebäudes steht nun ein Gewächshaus.

Die Terrassierungen wurden beibehalten. Neue Steinmauern, als Trockenmauern, wurden gemeinsam mit einem Landschaftsgärtner gebaut. Vieles haben die Wiebke Degler und Pascal Bunk aber selber gemacht, Schritt für Schritt, und doch mit großer Ausdauer. Nach nur vier Jahren grünt, blüht und summt es üppigst.

Hortus muralis

Die Struktur des Gartens folgt dem „Hortus“-Prinzip: In der Pufferzone umgibt eine Hecke aus einheimischen Sträuchern den Garten. In der Hotspot-Zone ermöglichen magere Böden das Wachstum spezialisierter Blumen und Kräuter, von denen sich Insekten ernähren. In der Ertragszone wird auf fruchtbaren Böden Gemüse angebaut. »Hortus muralis« – Mauer-Garten, heißt der Garten daher.

Die Materialien, die hier verwendet wurden, stammen aus dem Garten oder der näheren Umgebung. Die Steine sind vor Ort gefunden oder wurden von den Gästen zur Einweihung mitgebracht. Erde, die abgetragen wurde, wurde gleich vor Ort wieder aufgetragen. Es wird verwendet, was man hat. Schnittgut von Pflanzen wird vor Ort zu Kompost. Die Hochbeete und Gemüsebeete werden damit gedüngt. Aus Brennnessel, Beinwell und anderen Kräutern werden Jauchen hergestellt, um die Pflanzen zu stärken und Schädlinge abzuwehren.

Klima und Wasser

Das Kleinklima im Garten ist besonders, der Garten zeigt nach Norden, daher fällt schon früh am Tag Schatten auf alle Flächen. Das Niederschlagswasser wird vollständig auf dem Grundstück gesammelt, in Regentonnen, die an jede Dachfläche angeschlossen sind, und in Teichen und Tümpeln. Alle Wegebeläge haben offene Fugen, in denen Wasser versickern kann. Das Speichervolumen beträgt insgesamt 4.000 m³, davon ist die Hälfte Wasser zum Gießen. Offene Wasserstellen sind Lebensraum für Tiere im Garten. Die Verdunstung beeinflusst wiederum das Klima vor Ort.

Konkurrenz im Beet

Ureinwohner des Gartens sind der Andorn und die Knoblauchrauke, die vermehren sich weiterhin gerne, neben anderen. Pflege heißt hier, die Pflanzen gut zu kennen und einschätzen zu können, welche Art sich mit welcher anderen gut verträgt, wer konkurrenzstärker ist. Vor allem Geduld und Gelassenheit hätten sie beim Gärtner noch mehr gelernt, meinen Wiebke Degler und Pascal Bunk.

Die Quitte, Buchs, Flieder, Holunder und Johannisbeeren waren schon da. Neu wurden Obstbäume gepflanzt: Marille, Kirsche, Mährische Eberesche, Mispel, Apfel, Felsenbirne und Ölweide.

Die Fülle der Arten ist immens. Viele Kräuter sind dabei, wie der Goldene Bergtee, den beide auch in der Küche nutzen. Die Ernte aus den Gemüsebeeten und dem Gewächshaus ist immens. Die Sträucher und Bäume wachsen langsam heran. Die Hühner, Deutsche Zwerg-Langschan, haben sich gut eingelebt.

Was würden sie heute anders machen? Wahrscheinlich die Reihenfolge der Arbeiten noch besser planen. Der Garten ist noch jung, vieles wird sich sicher noch anders entwickeln, jedes Jahr wird neue Erfahrungen bringen.

Wiebke Degler und Pascal Bunk, Kitzingen

Bilder, Text und Skizze: Mechthild Engert

Mechthild Engert

Landratsamt Kitzingen


Kreisfachberaterin für Gartenkultur und Landespflege

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